Amnesty International Bezirk 3469: Kooperation Lima - Ruhrgebiet

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Aktelle Infos über die Menschenrechtslage in Peru

ai Jahresbericht über Peru 2011

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Die bisherige Situation (Berichtszeitraum bis 2008):

Die Menschenrechtslage in Peru hat sich 2008 im Ganzen gesehen eher verschlechtert.
Ein Beispiel dafür ist die Anklage gegen MenschenrechtlerInnen, UmweltschützerInnen, BürgermeisterInnen, VertreterInnen der sozialen Bewegungen und VertreterInnen der Bauernverteidigungskomitees, die Ende März 2008 in Peru wegen Terrorismusverdachts angeklagt wurden. Die 35 Personen, die unter diesem schlimmen Verdacht stehen, setzen sich für die Verteidigung der Natur - vor allem des Wassers und der Erde - in den zwei Provinzen Huancabamba und Ayabaca im Norden Perus ein. Bei ihrer Arbeit geht es um die Verteidigung der Ausübung der Menschenrechte der vom Bergbauprojekt „Rio Blanco Cooper“ durch Verseuchung ihrer Ländereien bedrohten Bevölkerung. Die Liste der Angeklagten wird angeführt von Javier Jahncke Benavente, Mitglied der durch amnesty Bochum unterstützten Organisation FEDEPAZ. Er wurde von Seiten der Minengesellschaft angezeigt als eine Person, die die Gewalt in der Zone begünstige und zum Delikt des Terrorismus anstifte. Gleichzeitig wird FEDEPAZ beschuldigt, die Gewalt in dem Gebiet zu fördern. Amnesty Bochum unterstützt die Verteidigung Javier Jahnkes durch die Bereitstellung von 5.000 EUR.
Zum Hintergrund: Die betroffene Bevölkerung und ihre Organisationen suchten Alternativen, die ihre demokratische Teilnahme an politischen Entscheidungen ermöglichen, um weitere soziale Konflikte zu verhindern. So fand den oben genannten Provinzen in im September 2007 eine Volksbefragung statt. Diese ermöglichte, dass die Bevölkerung dieser Region ihr Recht auf Meinungsfreiheit und Mitbestimmung über das Bergbauprojekt ausüben konnte. Bei einer Wahlbeteiligung von 60 % lehnten 95 % der Wahlbeteiligten das geplante Bergbauprojekt ab. Viele der WählerInnen mussten bis zu fünf Stunden Fußweg laufen, um die Wahlurnen zu erreichen. Sie zeigen damit, dass sich ihrer Verantwortung als Bürger bewusst sind. Als „Fest der Demokratie“ bezeichnen das Ereignis viele Politologen und Juristen in Peru. Trotzdem hat die peruanische Regierung versucht, die InitiatorInnen des Volksbegehrens zu kriminalisieren und das Ergebnis nicht nur nicht anzuerkennen, sondern es zugleich als wirre Entscheidung einer von ausländischen AgitatorInnen geleiteten, kommunistischen, gegen die Zukunft Perus orientierten Bevölkerung abzuqualifizieren.
Offenbar möchte Präsident Alan Garcia die Menschenrechtsorganisationen und die Opposition diskreditieren und kriminalisieren.
Dazu dient u.a. ein Gesetz zur Kriminalisierung von Protesten. Es handelt sich dabei um das Gesetzdekret 982. Dieses Dekret verändert bestimmte Paragraphen des Strafgesetzbuchs. Mit dem Dekret wird ein neuer Sachbestand für „Schuldunfähigkeit” im Strafgesetzbuch verankert (§ 20, 11 des Dekret 982). Es geht darum, dass die Militärs und Polizisten, die ihre Waffen bei der Ausübung ihres Dienstes adäquat benutzen und dabei andere verletzen oder töten, als „schuldunfähig“ erklärt werden. Dadurch müssen sie keine Verantwortung für ihre Taten übernehmen. Das ist ein Verstoß gegen die Prinzipien des Rechtsstaates. In jedem Rechtsstaat dürfen Polizisten und Militärs nur in klar definierten Fällen Waffen benutzen. Der Schutz für die Polizisten und Militärs hat dabei Grenzen. Die Möglichkeit, dass Militärs und Polizisten Waffen benutzen, wird dem Prinzip der körperlichen Unversehrtheit und dem Schutz des Lebens untergeordnet. Bis jetzt war in Peru wie in allen anderen Rechtsstaaten diese Möglichkeit gesetzlich geregelt. Das Dekret 982 ist eine Grundlage für unbeschränkte und gegebenenfalls willkürliche repressive Maßnahmen gegen die Bevölkerung.

Ein weiterer Paragraph des Dekrets verstößt auch gegen die Prinzipien des Rechtsstaates (§ 200 Absatz 3+4 des Dekrets 982).

Die Besetzung öffentlicher Gebäude, Straßen, die Behinderung von Dienstleistungen, die Behinderung der Arbeit privater Unternehmer werden jetzt als schwere Delikte eingestuft, die mit einer Strafe von mindestens fünf Jahren Gefängnis belegt werden. Dieser Paragraph richtet sich gegen Proteste der Bevölkerung. Das Problem des neuen Paragraphen ist, dass nicht zwischen politischen Protesten und kriminellen Handlungen differenziert.

Außerdem verbietet das Dekret (§ 200 Absatz 3+4 des Dekrets 982) die Teilnahme von politischen VertreterInnen von Gemeinden und Regionen an Protesten. Dieser Paragraph zielt darauf, dass die BürgermeisterInnen und RegionalvertreterInnen nicht an Protesten der sozialen Bewegungen teilnehmen. Falls sie es doch tun, begehen sie ein Verbrechen und werden bestraft. Das ist ein Verstoß gegen das Grundrecht, an friedlichen Protesten teilnehmen zu können.

Präsident Alan Garcia wandte sich in Zeitungsartikeln gegen Mitglieder der indigenen Dorfgemeinschaften der Anden und des Regenwalds, die gegen die staatliche Rohstoffpolitik protestieren. Alan Garcia bezeichnet diese Menschen als „Arme und Ignoranten“, die aus ihrem Elend nicht herauskommen wollen.
Es gibt allerdings auch positive Tendenzen. Expräsident Fujimori steht in Peru seit 2007 vor Gericht. Er wurde im September 2007 von Chile nach Peru ausgeliefert. Der Prozess ist beispielhaft und verläuft internationalem und peruanischem Recht entsprechend. Er dauert derzeit noch an.

Ein peruanisches Gericht hat in der Hauptstadt Lima den General im Ruhestand Julio Salazar Monroe zu 35 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Richter befanden ihn der Entführung und Ermordung von neun Studenten und einem Professor der Universität „La Cantuta“ in Lima 1992 für schuldig. Mit dem Urteil hat das Gericht die Existenz der Todesschwadron „El Grupo Colina“ bestätigt und dass sie Teil des peruanischen Geheimdienstes SIN (Servicio de Inteligencia Nacional) war. Wegen des Massakers der Universität „La Cantuta“ muss sich auch der frühere Präsident Alberto Fujimori vor Gericht verantworten. Beides ist ein Erfolg der Menschenrechtsorganisationen und der Organisationen der Angehörigen der Opfer aufgrund ihres unermüdlichen Einsatzes für die Einhaltung der Menschenrechte in Peru.

(Beate und Ulrich Fehling, Oktober 2008)

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